Erneuerbare Energien - Fokus auf Stabilität (Deutschland), Skalierung (Kanada) und Innovation (Finnland)
Der globale Markt für erneuerbare Energien befindet sich in einer Phase exponentiellen Wachstums. Investitionen in saubere Energien sollen 2025 die Marke von 3 Billionen US-Dollar überschreiten, angetrieben durch die dringende Notwendigkeit der Energiesicherheit und Dekarbonisierung.
Für deutsche Investoren, die an ein stark reguliertes, aber dicht besiedeltes Umfeld gewöhnt sind, bieten Märkte wie Kanada und Finnland fundamental andere, aber hochattraktive Chancen.
Kanada: Der grüne Rohstoff-Gigant
Kanada präsentiert sich als ein Markt der schieren Größe und des enormen Ressourcenreichtums. Das Land ist bereits heute ein Gigant der sauberen Energie, betritt aber erst jetzt die Phase der exponentiellen Expansion bei neuen erneuerbaren Technologien.
Kanadas Stromerzeugung wird zu über 60 % von Wasserkraft dominiert, was dem Land eine hervorragende Ausgangsposition für eine stabile Energiewende verschafft. Die eigentliche Wachstumsdynamik findet jedoch bei Wind- und Solarenergie statt, wo bis 2035 Investitionen von über 140 Milliarden kanadischen Dollar erwartet werden.
Der entscheidende Unterschied zu Deutschland: Der Ausbau wird weniger durch Einspeisetarife als durch zwei machtvolle Hebel angetrieben:
- Nationale CO₂-Bepreisung: Ein steigender CO₂-Preis macht fossile Energien strukturell unattraktiv.
- Steuergutschriften: Der neue "Clean Technology Investment Tax Credit" erstattet Unternehmen bis zu 30 % ihrer Investitionskosten für saubere Technologien zurück. Dies ist ein direkter, unbürokratischer Anreiz, der vor allem auf große, kapitalstarke Akteure zielt.
Der Schwerpunkt liegt auf der Erschließung gewaltiger Flächen für Großprojekte, die Strom für industrielle Abnehmer und den Export liefern. Die Projektpipeline für "Clean Technology"-Projekte ist mit fast 200 Mrd. CAD prall gefüllt. Der Bau von Wind- und Solarparks geht hier Hand in Hand mit dem Ausbau der Übertragungsnetze.
Investitionen in Kanada finden in einem Markt statt, der politisch gewollt und durch attraktive finanzielle Rahmenbedingungen befeuert wird.
Besonderes Risiko: Das Investitionsumfeld wird stark von den einzelnen Provinzen geprägt, was zu unterschiedlichen Regulierungen und Marktbedingungen führt. Das besondere Risiko von Investitionen im Bereich erneuerbarer Energien Kanadas liegt in der Abhängigkeit von der Politik der einzelnen Provinzen.
Finnland: Dekarbonisierung an vorderster Front
Finnland ist ein hochinteressanter, kompakter Markt, dessen Entwicklung massiv durch zwei Faktoren beschleunigt wird: die Nachfrage der Industrie und die geopolitische Lage.
Finnlands Energiemix basiert traditionell auf einem Mix aus Wasserkraft, Biomasse und Kernenergie. Die aktuelle Revolution findet jedoch fast ausschließlich im Bereich der Onshore-Windkraft statt. Zwischen 2020 und 2024 hat sich die installierte Windleistung mehr als verdoppelt. Der primäre Treiber ist nicht die Politik, sondern die Wirtschaft selbst:
- Industrieller "Pull": Finnlands energieintensive Industrien (Papier, Stahl, Chemie) haben sich ambitionierte Dekarbonisierungsziele gesetzt. Sie sind die Hauptabnehmer für sauberen Strom und schließen langfristige PPAs ab, die neuen Windparks eine solide finanzielle Grundlage geben.
- Energieunabhängigkeit: Die Notwendigkeit, sich vollständig von russischen Energieimporten zu lösen, hat dem Ausbau der erneuerbaren Energien eine enorme Dringlichkeit verliehen.
Finnland verfügt über hervorragende Windstandorte und im europäischen Vergleich schnelle und transparente Genehmigungsverfahren. Die Projekte werden über technologieoffene, wettbewerbliche Auktionen vergeben, was zu sehr effizienten Ergebnissen führt.
Zudem will Finnland künftig 10 % der EU-Produktion von sauberem Wasserstoff stellen. Eine Investition in die finnischen Aktivitäten bedeutet damit in gewisser Weise auch eine Wette auf die Zukunft der Sektorkopplung. Die Projekte sind dabei durch die direkte Nachfrage der Industrie und die strategische Bedeutung von grünem Wasserstoff doppelt abgesichert.
Besondere Risiken: Der Markt ist extrem wettbewerbsintensiv, und erfolgreiche Gebote in den Auktionen erfordern eine sehr scharfe Kalkulation. Die direkte Nachbarschaft zu Russland stellt zudem einen geopolitischen Faktor dar, der bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden muss.
Deutschland: Reifer Markt, neue Herausforderungen
Deutschland ist der reifste der drei Märkte mit einer klaren Dominanz von Windkraft (Onshore) und Photovoltaik (PV). Historisch geprägt ist der Ausbau erneuerbarer Energien durch eine breite Beteiligung von Bürgern (im Rahmen von Bürgerbeteiligungen) und Anlegern, die mittels Investitionen in Alternativen Investmentfonds oder KMU-Anleihen mittelständische Unternehmen mit Kapital ausstatten.
- Das EEG als Grundpfeiler: Der Ausbau, insbesondere von Solar- und Windkraft, wird durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stark und verlässlich reguliert. Die breite gesellschaftliche Zustimmung (über 80 %) sichert den politischen Rahmen langfristig ab.
- Neuer Investitionsfokus: Der Schwerpunkt verschiebt sich zunehmend von reinen Erzeugungsanlagen hin zur Optimierung des Gesamtsystems. Investitionen in Netzinfrastruktur, Batteriespeicher und intelligentes Lastmanagement sind entscheidend, um die volatile Einspeisung auszugleichen.
Eine Investition in deutschen Projekte findet in einem stabilen, gut regulierten und politisch abgesicherten Markt statt. Es handelt sich um einen sehr reifen Markt mit einer der höchsten Installationsdichten weltweit.
Besondere Risiken: Die besonderen Risiken im Bereich erneuerbarer Energien liegen in Deutschland weniger im Markt selbst als in der Komplexität von Genehmigungsverfahren und Netzengpässen.
Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Artikel "Energiewende Reloaded"
Ihre FIN-Redaktion
