Betreiberimmobilien: Zwischen Sorgenkind und Krisengewinner
Auch bei Spezialimmobilien scheinen die Preiskorrekturen infolge der Rückkehr des Zinses inzwischen weitgehend abgeschlossen. Die aktuelle Marktphase 2025 - 2026 ist ideal für erfahrene Investoren, die Cashflow-basierte Analysen beherrschen, nachdem rein spekulativ getriebene Akteure aus dem Markt gedrängt wurden. Eine Gelegenheit für Branchenkenner und Rechner, nicht für Träumer.
Zentrales Merkmal bei Betreiberimmobilien ist die fundamentale Abhängigkeit des Cashflows von der Bonität eines konkreten Mieters. Umso wichtiger ist es für Investoren, den Blick fokussiert auf die wirtschaftlichen Merkmale zu richten, die für eben diesen Mieter von essenzieller Bedeutung sind. Nur so lassen sich Chancen richtig erkennen und Risiken bewusst managen.
Gesundheitsimmobilien - erhöhtes Betreiberrisiko trotz starker demografischer Treiber
Einerseits sorgt der Megatrend unserer alternden Gesellschaft für eine strukturell steigende Nachfrage nach Pflegeplätzen und altersgerechtem Wohnraum. Andererseits ist der Cashflow der Betreibers einer besonderen Herausforderung ausgesetzt: Kostensteigerungen können nicht unmittelbar über Anpassungen bei den Pflegesätzen der Kassen aufgefangen werden.
Im Gegensatz zu vielen anderen Immobilien, deren Wert primär durch Lage und Bausubstanz bestimmt wird, ist die Due Diligence des Betreibers bei Pflegeobjekten damit beinahe wichtiger als die der Immobilie selbst.
Der deutsche Pflegemarkt wurde seit 2023 von einer Welle von Insolvenzen heimgesucht, ein Phänomen, das als "Heimsterben" bekannt wurde. Seit Anfang 2023 waren über 1.000 Einrichtungen von Insolvenz oder Schließung betroffen - ausgelöst durch eine Kombination aus stark gestiegenen Energie- und Sachkosten, hoher Inflation, einem gravierenden Fachkräftemangel und stark zeitverzögerten Anpassungen bei den Vergütungssätzen der Pflegekassen, die nicht mit der Schnelligkeit der Kostensteigerungen Schritt halten.
Der Markt scheint sich inzwischen konsolidiert und stabilisiert zu haben und so hat auch das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2025 eine spürbare Erholung gezeigt. Ob die Trendwende vollzogen ist, bleibt abzuwarten.
Chancen ergeben sich für spezialisierte Investoren, die zur Bewertung von objektanhängigen Sanierungskosten in der Lage sind und die Bonität von Betreibern tiefgehend prüfen, um Partnerschaften mit finanzstarken, qualitativ hochwertigen Anbietern einzugehen.
Markt-Ausblick: In Deutschland besteht bereits heute ein Mangel an modernen, qualitativ hochwertigen Pflegeeinrichtungen, der sich in den kommenden Jahrzehnten dramatisch verschärfen wird. Zusätzlich befeuert hat diese Entwicklung die Krise im Projektentwicklungsbereich. Investitionen in gut gelegene Objekte mit erfahrenen und bonitätsstarken Betreibern bieten die Aussicht auf extrem langfristige und kalkulierbare Mieteinnahmen. Das zunehmende Interesse internationaler Investoren an diesem Sektor deutet zudem auf ein zukünftiges Wertsteigerungspotenzial hin, da die Anlageklasse weiter an Reife und Liquidität gewinnt.
Wer ein ähnlich defensives Investment mit langfristigen Mietverträgen sucht, aber das nicht unwesentliche Betreiberrisiko reduzieren möchte, findet im Sektor der Nahversorgung für Lebensmittel und Grundbedarf eine historisch robuste Alternative.
Die unerschütterliche Attraktivität der Nahversorgung
Supermärkte, Discounter und lebensmittel-geankerte Fachmarktzentren waren auch in den letzten großen Krisen die klaren Gewinner in deutschen Immobilien-Portfolios.
Ihre Mieter sind bonitätsstark, die Mietverträge laufen meist 10 bis 15 Jahre und die Nachfrage nach Gütern des täglichen Bedarfs ist konjunkturunabhängig. Ein weiterer Faktor, der ihre Mieteinnahmen extrem belastbar machte, ist der natürliche Inflationsschutz. Die Mieter sind in der Regel große, bonitätsstarke Einzelhandelsketten, die in der Lage sind, steigende Kosten an die Verbraucher weiterzugeben. Dies sichert ihre Fähigkeit, die Miete zu zahlen, die in der Regel über langfristige, indexierte Verträge festgelegt ist. Für den unternehmerische Investor bedeutet dies stabile, vorhersehbare und inflationsgesicherte Cashflows.
Zudem wird die Doppelrolle als Anleger und gleichzeitig als Konsument zu einer persönlichen Fallstudie. An der Kasse spürt der Investor die Inflation unmittelbar durch steigende Preise für Lebensmittel. Jede Preiserhöhung, die an der Kasse zu spüren ist, stärkt die Umsätze und die Ertragskraft dieser Mieter. Diese gestärkte Ertragskraft sichert wiederum ihre Fähigkeit, die vertraglich vereinbarte, oft an die Inflation gekoppelte Miete pünktlich und vollständig zu entrichten. Die Inflation, die den Wert seines liquiden Vermögens mindert, stärkt gleichzeitig den Wert und den Cashflow seiner illiquiden Sachwert-Investments.
Während die Nahversorgung floriert, stehen andere Formate wie innerstädtische Geschäftshäuser in B-Lagen oder weniger aktiv geführte Shopping-Center weiterhin unter dem Druck des Online-Handels und der Konsumzurückhaltung.
Baumärkte - Renovieren statt Neubau als struktureller Treiber
Der Stillstand im Neubausektor, ausgelöst durch hohe Baukosten und Zinsen, hat einen mächtigen Gegentrend verstärkt: das Bauen im Bestand. Eigentümer und Mieter investieren verstärkt in die Instandhaltung, Modernisierung und Verschönerung ihrer bestehenden Immobilien. Dieser Trend wird durch den gesetzlichen Druck zur energetischen Sanierung zusätzlich befeuert. Der Bedarf an Dämmstoffen, neuen Fenstern, effizienten Heizsystemen und Baumaterialien ist dadurch nicht zyklisch, sondern strukturell und langfristig gesichert.
Baumärkte und spezialisierte Fachmarktzentren konnten als zentrale Anlaufstellen für Privatpersonen und professionelle Handwerker von dieser Entwicklung profitieren und mit außergewöhnlicher Stabilität und defensivem Charakter überzeugen. Ihre Resilienz speist sich aus fundamentalen und dauerhaften Bedürfnissen, die weit über kurzfristige Konsumtrends hinausgehen.
Zusätzlich wurde diese Entwicklung seit der Pandemie verstärkt. Das Zuhause hat in den letzten Jahren einen neuen Stellenwert erhalten. Der „Cocooning“-Effekt – der Rückzug in die eigenen vier Wände – führte zu einer erhöhten Bereitschaft, in das persönliche Umfeld zu investieren. Ob Gartengestaltung, Renovierungsarbeiten oder die Einrichtung eines Heimbüros - Baumärkte und vergleichbare Fachmarktzentren erfreuten sich trotz Inflation und Pandemie einer stabilen Nachfrage.
Langfristige Mietverträge, eine solide Mieterbonität und einen Cashflow, der weniger anfällig für Konjunkturschwankungen ist als andere Segmente des Non-Food-Einzelhandels, machen diese Objekte zu einem attraktiven Baustein im Risikomix unternehmerischer Immobilieninvestitionen.
Logistik- und Lagerflächen
Auch hier übersteigt die Nachfrage das Angebot weiterhin bei Weitem. Leerstandsquoten sind minimal und der E-Commerce-Boom als struktureller Treiber ist ungebrochen. Stabile Pachteinnahmen und das Potenzial für Mietsteigerungen sind die Folge. In institutionellen Portfolios hat sich die Assetklasse damit als Kerninvestment etabliert.
E-Commerce als Flächenfresser
Jede Milliarde Euro, die zusätzlich online umgesetzt wird, erzeugt eine Nachfrage nach rund 75.000 m² neuer Logistikfläche. Dieser Bedarf teilt sich auf große, automatisierte Fulfillment-Center an Autobahnkreuzen zur zentralen Lagerhaltung und kleinere urbane Logistikhubs bis hin zu „Last-Mile“-Depots in Stadtnähe für die schnelle und flexible Zustellung an den Kunden. Eine anhaltend hohe Nachfrage und extrem niedrige Leerstandsquoten in allen relevanten Lagen prägen das Bild.
Wiederkehrende Störungen globaler Lieferketten haben zu einem strategischen Umdenken in der Industrie geführt. Das alte Prinzip der reinen Effizienz („Just-in-Time“) wird zunehmend durch eine neue Maxime der Resilienz („Just-in-Case“) ersetzt. Unternehmen erhöhen ihre Lagerbestände an kritischen Bauteilen und Rohstoffen, um Produktionsausfälle zu vermeiden. Dieser Lokal-Fokus und die erhöhte Vorratshaltung führen zu einem signifikant höheren Bedarf an modernen und gut angebundenen Lagerflächen in politisch stabilen Regionen wie Deutschland.
Anhaltend hohe Flächennachfrage, diversifizierte Mieterstrukturen, steigende Mieten und langfristige Mietverträge machen Logistikimmobilien damit für unternehmerische Investoren zu einem defensiven Kerninvestment mit stabilen Cashflows in volatilen Zeiten.
Hotels & Boardinghouses
Nach einem vollständigen “Break” während der Pandemie, haben sich diese Assets weitgehend robust erholt
Geschäftsreisen und Städtetourismus boomen und die Übernachtungszahlen in Deutschland haben bereits 2024 das Vorkrisenniveau von 2019 übertroffen. Auch 2025 setzt sich dieser positive Trend bislang fort.
Boardinghouses und Service-Apartments sind die direkten Gewinner der neuen, flexiblen Arbeitswelt. Projektbasiertes Arbeiten, längere Aufenthalte von Fachkräften und die Vermischung von Geschäfts- und Privatreisen schaffen eine massive Nachfrage nach temporärem, möbliertem Wohnraum. Annehmlichkeiten eines Hotels, kombiniert mit der Unabhängigkeit einer Wohnung schließen eine strategisch wichtige Lücke im Wohnungsmarkt. Die Mietverträge sind oft länger als bei Hotels, was zu stabileren und besser kalkulierbaren Cashflows führt.
Resümee Hotels, Boardinghouses und Service-Apartments: Die Preise für Betreiberimmobilien in diesem Sektor sind noch moderat. Der Fokus liegt weniger auf Neubau als auf der Umnutzung und Modernisierung bestehender Gebäude. Wer auf den richtigen Standort und ein modernes Konzept setzt, kann hier attraktive Renditen erzielen, muss aber die Abhängigkeit von krisenanfälligen Betreibern einkalkulieren und z. B. im Fall eines erneuten “Shut down” Nerven beweisen.
Mikro- und Studentenapartments
Eine stetig wachsende Zahl deutscher und internationaler Studierender und der akute Mangel an bezahlbarem Kleinwohnraum in Universitätsstädten prägen das Bild. Die öffentliche Versorgungsquote mit Wohnheimplätzen ist extrem niedrig, was einen riesigen Markt für private Anbieter eröffnet.
Während die Kaufpreise für diese Objekte im Zuge der Zinswende von 2022 bis Anfang 2025 eine merkliche Korrekturphase durchliefen und sich erst jetzt wieder stabilisieren, explodierten die Mieten im selben Zeitraum förmlich. Neben steigende Studentenzahlen profitieren Mikroappartements dabei nicht nur von der Nachfrage Studierender. Der Trend zu Einpersonenhaushalten bei Berufseinsteigern und Pendlern ist ein weiterer Treiber dieser Entwicklung.
Für unternehmerische Investoren bietet dieses Segment durch seine hohe Nachfrage und geringen Leerstandsquoten eine krisenresiliente, konjunkturunabhängige und defensive Anlagechance mit verlässlichen Mieteinnahmen.
Ihre FIN-Redaktion
Tipp: Lesen Sie auch unsere “Marktbetrachtung Wohnimmobilien”
