Solar-Anlagenverkauf: Agri-PV und Projektrechte
FIN-Redaktion: Herr Dr. Ostgathe, im ersten Teil unseres Interviews haben Sie bereits ausgeführt, dass die Rückzahlung des Consilium Solar Bond 2025/2030 am Laufzeitende vorrangig aus aufgelaufenen Verkaufserlösen erfolgen soll. Erfolgt der Verkauf bereits während der Entwicklung oder erst als fertige Anlage? Auch interessant in dem Zusammenhang: Was für Anlagen planen Sie, wer sind potenzielle Käufer und wie lange dauert es „vom Reißbrett bis zum Eingang des Verkaufspreises”?
Dr. Martin Ostgathe: Schauen wir uns konkret unsere aktuelle Pipeline zur neuen Anleihe an: 2025 konnten wir bereits Flächen für sieben neue Projekte in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sichern. Die geplante Gesamtleistung dieser Projekte beträgt über 40 MWp. Neben den neu gesicherten Flächen stärken wir unsere Pipeline durch den gezielten Ankauf von attraktiven Projektrechten – so wie jüngst für ein Projekt in Rheinland-Pfalz, das eine voraussichtliche Leistung von 4,5 MWp umfasst und mit einem integrierten Grünstromspeicher geplant wird.
Strategische Flexibilität durch Agri-PV-Optionen
Die neuen Vorhaben sind derzeit als klassische Freiflächenprojekte konzipiert, wobei wir bewusst flexibel bleiben und die Option prüfen, einzelne Projekte in einer Agri-PV-Nutzung zu realisieren. Auf diese Weise wird nicht nur der Ausbau der Photovoltaik vorangetrieben, sondern gleichzeitig die Chance eröffnet, Flächen künftig doppelt zu nutzen – sowohl für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung als auch für die Erzeugung von Solarstrom. Alle neuen Projekte werden zudem von Beginn an mit einem Grünstromspeicher geplant. Damit tragen wir der steigenden Bedeutung von Speichertechnologien Rechnung, die für die Stabilität des Energiesystems und die Versorgungssicherheit im Zuge der Energiewende entscheidend sind.
Parallel wird geprüft, ob zusätzlich die Integration von Graustromspeichern sinnvoll und umsetzbar ist, um die Flexibilität der Projekte weiter zu erhöhen. Für Projektentwickler wie die Emittentin bedeutet die Integration von Speichern zwar höhere Investitionskosten, jedoch vor allem auch höhere, attraktivere Verkaufspreise.
Zielgruppe und Verkaufszeitpunkt (IAB-Fähigkeit)
Der Verkauf der PV-Projekte erfolgt in der Regel während der Bauphase oder nach ihrer Inbetriebnahme gemäß den Anforderungen des EEG. Die Projekte werden wahlweise als PV-Einzelanlagen parzelliert an mehrere Investoren oder als komplette PV-Anlage an einen einzelnen Investor veräußert. Unsere Kunden sind in der Regel vermögende Privatanleger, wie zum Beispiel Steuerberater, Rechtsanwälte oder Unternehmer, die unsere Anlagen häufig als IAB-fähige Investmentlösungen nutzen und dafür ab einem sechsstelligen Betrag investieren. Unsere Aufgabe als Consilium ist damit freilich nicht immer abgeschlossen. Auch das technische und kaufmännische Asset Management der verkauften Anlagen können wir auf Wunsch selbstverständlich übernehmen. Aber in Bezug auf unsere Cashflow-Planung für die Anleihe ist das etwa der Horizont.
Exkurs Speichertechnologie: Ertragsoptimierung durch Flexibilität
FIN-Redaktion: Erklären Sie uns doch bitte die Begriffe „Grünstrom” und „Graustrom”.
Definition und Nutzen von Grünstromspeichern
Dr. Martin Ostgathe: Unsere Grünstromspeicher beziehen Strom aus PV-Anlagen, speichern ihn und speisen ihn zu einem späteren Zeitpunkt in das Netz ein. Während Phasen negativer Spotmarktpreise an der Strombörse werden PV-Anlagen üblicherweise abgeregelt. Durch die Speicherung während dieser Stunden kann insgesamt mehr PV-Strom genutzt werden. Zudem wird der erzeugte Strom zeitlich versetzt eingespeist, wodurch höhere Erlöse erzielt werden können. Ein Grünstromspeicher durchläuft in der Regel maximal einen Zyklus pro Tag.
Graustromspeicher: Handel am Intraday-Markt
Graustromspeicher hingegen können Strom aus dem Netz beziehen und verfügen dadurch über eine deutlich höhere Flexibilität als Grünstromspeicher. Sie können mehrere Zyklen pro Tag durchlaufen, das heißt, sie können sich mehrfach laden und entladen. Diese Vermarktung erfolgt simultan über verschiedene Märkte hinweg. Neben der Bereitstellung von Regelenergie kann Strom sowohl am Day-Ahead-Markt als auch am Intraday-Markt gehandelt werden. Viele Trades beinhalten keine physische Lieferung des Stroms, sodass ein Vielfaches der verfügbaren Speicher-Kapazität im Laufe eines Tages gehandelt werden kann.
Marktumfeld seit der Zinswende 2022
FIN-Redaktion: Werfen wir noch einen Blick auf die letzten 3 Jahre seit der Zinswende 2022. Wie haben Sie die Entwicklung als Consilium erlebt, auf welche veränderten Markt- und Finanzierungsbedingungen treffen Sie und wie geht Consilium damit um?
Veränderte Anforderungen der Banken an Projektentwickler
Dr. Martin Ostgathe: Die deutlichste Veränderung können Sie an der Finanzierungsbereitschaft klassischer Bank festmachen. Seit 2022 werden Kreditaufnahmen für Projektentwickler wie uns meist erst dann möglich, wenn die Projekte baureif oder betriebsbereit sind. Kreditinstitute müssen ihre Eigenkapitalanforderungen erfüllen und Risiken noch stärker vermeiden. Für uns als Entwickler bedeutet das, dass wir in der Frühphase unserer Projekte auf flexiblere Kapitalquellen angewiesen sind. Zwar steigen durch die höheren Zinsen die Kapitalkosten, gleichzeitig hat sich aber auch die Nachfrage nach fertigen und renditestarken PV- und Batteriespeicher-Projekten erhöht.
Die Anleihe als Antwort auf den Kapitalbedarf in der Frühphase
Die Begebung unseres 7 % Consilium Solar Bonds 2025/2030 gibt uns z. B. die Flexibilität, Projekte frühzeitig zu finanzieren und deren Wertsteigerung für uns selbst und unsere Investoren zu realisieren. Schließlich bleibt der Markt für erneuerbare Energien in Deutschland aufgrund des anhaltend hohen Energiebedarfs und der politisch forcierten Energiewende stabil und wachstumsstark. Investoren und Energieversorger suchen stabile Anlagen mit planbaren Erträgen – genau das liefern wir. Anleger, die unseren Weg dahin im Rahmen des Consilium Solar Bonds 2025/2030 begleiten, erhalten Zugang zu einem Renditeniveau, das über dem von klassischen Bankprodukten liegt und das unternehmerische Risiko angemessen widerspiegelt. Wir sehen darin ein faires Gleichgewicht von Chance und Verantwortung.
Transparenz für Anleger: Risiken der Kapitalanlage
FIN-Redaktion: Lassen Sie uns hier gleich anschließen – Thema „Chance und Verantwortung”. Für eine ausgewogene Berichterstattung achten wir auf die transparente, einfach nachvollziehbare Betrachtung von Risiken. Machen Sie für uns mit eigenen Worten greifbar, wo die Risikopotentiale bei dieser Form der Kapitalanlage liegen.
Dr. Martin Ostgathe: Bei einer Inhaber-Schuldverschreibung wie dem 7 % Consilium Solar Bond 2025/2030 liegt die Verantwortung vor allem darin, klar zu benennen, dass Rendite immer auch eine Gegenleistung für das Eingehen bestimmter Risiken ist. Auch wenn wir unsere Projekte sehr sorgfältig auswählen und planen, bleiben Faktoren bestehen, die sich nicht vollständig kontrollieren lassen.
Operative Risiken: Bau, Lieferketten und Regulierung
Ein wesentliches Risiko ist die operative Umsetzung: Baufortschritt, Lieferketten, Genehmigungen und Netzanschlüsse können sich verzögern oder verteuern. Ebenso können regulatorische Rahmenbedingungen – etwa Einspeisebedingungen oder Netzentgelte – sich verändern und dadurch die Ertragslage beeinflussen.
Marktrisiken und Emittentenrisiko
Hinzu kommt das allgemeine Marktrisiko: Zinsen, Inflation oder Energiepreise können die Bewertung und die Finanzierungsstruktur der Projekte verschieben. Schließlich besteht auch ein Emittentenrisiko, also die Frage, ob wir als Unternehmen dauerhaft in der Lage sind, unseren Verpflichtungen nachzukommen. Keines dieser Risiken ist außergewöhnlich für Energie-Infrastrukturinvestitionen, aber sie sind real und gehören offen angesprochen. Entscheidend ist, dass Anleger verstehen, dass Transparenz über diese Punkte kein Warnsignal ist, sondern Ausdruck einer verantwortungsvollen Herangehensweise, die Vertrauen schafft und langfristig stabile Ergebnisse ermöglicht. Dass wir als Consilium diese Risiken für unsere Anleger im Rahmen unserer Finanzplanungen verantwortungsvoll managen, dazu haben wir uns ja im ersten Teil unseres Interviews unterhalten. Noch einmal wichtig zu sagen ist mir, dass wir unsere Anleger ebenso als langfristige Partner bei unseren Finanzierungen sehen wie unsere Banken.
FIN-Redaktion: Herr Dr. Martin Ostgathe, vielen Dank für das Gespräch.
Tipp: Lesen Sie auch unser erstes Interview mit Dr. Ostgathe, unter Anderem darüber, wie eine belastbare Finanzplanung in der Solar-Projektentwicklung funktioniert.
